Prüfung 2022/2023 (alte PO)
Steuerrecht I
Einkommensteuer
diverse Rentenauszahlungen, Lebensversicherung, Altersentlastungsbetrag, Verkauf eines gewerblichen Einzelunternehmens, Verkauf eines Wohnhauses
Zwei Ehegatten wohnen zusammen mit ihren beiden Kindern im gleichen Haushalt, Ehegattensplitting wird durchgeführt.
Sachverhalt 1 (Persönliche Verhältnisse) (7 Punkte)
Tochter
Die Tochter ist noch im Vorschulalter und erhält in einer Kinderbetreuung eine Mittagsverpflegung, welche der Arbeitgeber der Mutter komplett übernimmt und eine allgemeine Betreuung, welche er zur Hälfte trägt, beides zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Den Rest tragen die beiden Eltern.
Ausgerechnet werden sollte hier, warum und in welcher Höhe das Einkommen der Eltern gemindert wird.
Sohn
Dieser erhält von den Eltern einen monatlichen Zuschuss zum Lebensunterhalt überwiesen. Weiterhin macht er eine Ausbildung und erhält hieraus eine monatliche Vergütung. Seine Ausbildungsstelle kündigt er allerdings im Februar des Jahres, macht seitdem „nix“ und sucht seitdem auch keinen weiteren Ausbildungsplatz.
Auch hier sollte geschaut werden, nach welchen Rechtsgrundlagen und in welcher Höhe die Aufwendungen für den Sohn das Einkommen der Eltern mindern.
Sachverhalt 2 (Wirtschaftliche Verhältnisse) (29 Punkte)
Ehemann
Dieser hält eine 100 % - ige Beteiligung an einer GmbH und erzielt hieraus Einkünfte aus Kapitalvermögen.
1. Gewinnausschüttung: aus der Vorjahresbilanz waren die Kapitalrücklage und ein Gewinnvortrag angegeben, weiterhin war die Höhe des steuerlichen Einlagekontos bekannt. Im Wirtschaftsjahr wurde durch die Gesellschafterversammlung (also durch ihn allein) eine Gewinnausschüttung beschlossen und nach Beachtung des Steuereinbehalts dem privaten Bankkonto des Ehemanns gutgeschrieben. Weiterhin hatte der Ehemann einen Kredit seinerzeit zur Finanzierung des Kaufpreises der Anteile aufgenommen, den er im Wirtschaftsjahr ablöste und durch eine Anschlussfinanzierung ersetzte, die Finanzierungsaufwendungen waren angegeben.
Die Einkünfte aus Kapitalvermögen waren aus diesem Punkt 1 zu ermitteln, wobei der Sparerfreibetrag als schon ausgeschöpft gelten sollte und also nicht anzusetzen war. Weiterhin sollte ein Wahlrecht durch den Prüfling ausgeübt (und also zunächst von ihr/ihm erkannt) werden. Der Einkommensteuersatz war mit 42 % angesetzt, also keine Anwendung von § 32a EStG.
2. Tantieme: der Ehemann gönnte sich nicht nur ein (angemessenes) Geschäftsführergehalt, sondern auch eine (ebenfalls nicht zu beanstandende) Tantieme. Für die Vorvorjahrestantieme stand noch eine Rückstellung in den Büchern, die zur Hälfte im betrachteten Wirtschaftsjahr ausbezahlt wurde. Weiterhin ist für die Tantieme des Vorjahres eine Rückstellung ausgewiesen. Der Ehemann verzichtet wg. der schlechten Lage durch die Coronapandemie auf die Vorjahrestantieme.
Hier sollte die Auswirkung auf die Einkünfte dargestellt (nicht aber berechnet) werden.
Fraglich ist bei dem Verzicht auf die Vorjahrestantieme eine verdeckte Einlage. Die dritte von vier Voraussetzungen hieran, nämlich die Einlagefähigkeit, ist hier dadurch gegeben, dass bei der Unternehmung die Passivseite sinkt, denn die Rückstellung fällt weg.
3. Anteilsverkauf: der Ehemann verkauft 0,5 % der Beteiligung an seinen leitenden Mitarbeiter, hierfür wurde noch im alten Jahr ein angemessener Kaufpreis überwiesen. Angefallene Notarkosten (sie waren als Bruttobetrag angegeben) hatte der Ehemann noch im alten Jahr beglichen.
Es sollte die Höhe der bei der Ermittlung des Einkommens zu erfassenden Einkünfte berechnet werden. Auch die Punkte 1. und 2. sollten beachtet werden.
Sachverhalt 3 (Wirtschaftliche Verhältnisse) (14 Punkte)
Ehefrau
Drei Jahre vor dem betrachteten Wirtschaftsjahr hatte die Ehefrau ein Grundstück mit aufstehender Lagerhalle erworben und an ein Speditionsunternehmen (umsatzsteuerpflichtig, d.h. unter Ausnutzung der Option nach § 9 I UStG) verpachtet, sie erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
1. Lagerhalle: seinerzeit hatte die Lagerhalle eine Nutzungsdauer von 40 Jahren und die AfA ist „nach den gesetzlichen Bestimmungen“ entsprechend berechnet worden.
Dies heißt, dass hier die richtige Gebäudeabschreibung nach § 7 EStG schon kalkuliert wurde und entsprechend nichts zu korrigieren war.
2. alte Trafostation: Mit dem Lagerhallenerwerb wurde auch eine Trafostation erworben, die zusätzlichen Anschaffungskosten waren gegeben, weiterhin die Nutzungsdauer. Das Trafohaus wurde mitten im Jahr (Ende Juni) komplett beschädigt, es musste abgerissen werden. Der Zeitwert wurde von der gegnerischen Versicherung übernommen.
Hier ging es auch um die Frage, ob ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen Trafostation und der Lagerhalle gegeben ist oder nicht und die Trafostation also für sich abgeschrieben wird oder aber zusammen mit der Lagerhalle. Weiterhin war es hier so, dass der Zeitwert oberhalb des Restbuchwerts der alten Trafostation lag und also stille Reserven aufgelöst wurden. Fraglich war also auch, ob hier eine Verlagerung der Besteuerung der aufgelösten stillen Reserven in die Zukunft durch § 6b EStG/R 6.6 EStR erfolgen könnte. Hierfür muss u.A. dann die Dauer der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen beachtet werden.
3. neue Trafostation:
Es wird eine neue Trafostation errichtet, die Zahlung hierfür wird vermindert durch die o.e. Schadenersatzleistung der Versicherung. Die Nutzungsdauer der neuen Trafoanlage war angegeben.
4. Heimarbeit: in ihrem privaten Wohnzimmer hat sich die Ehefrau eine Arbeitsecke eingerichtet, von hier aus verwaltet sie das Vermietungsobjekt. Angegeben waren die anteiligen auf die berufliche Nutzung entfallenden Raumkosten.
Aufgabenstellung: der Prüfling sollte untersuchen, wie sich die einzelnen Punkte auf die Einkünfteermittlung auswirken, ohne die Einkünfte selbst zu berechnen (wie auch, die Einnahmen waren z.B. gar nicht gegeben).
Rechnungswesen
Teil I - Buchführung und Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht
LAMBERT-METHODE:
Man beachte bei der Bearbeitung der unterschiedlichen Sachverhalte die extrem (!) unterschiedliche Punktevergabe. So ist Sachverhalt 8 nichts im Vergleich zu Sachverhalt 2 ...
Sachverhalt 1 (Veräußerung von Betriebsvermögen) (6 Punkte)
Sachverhalt 2 (Erbbaurecht) (24 Punkte)
Sachverhalt 3 (Computerprogramm)
Es wurde ein Computerprogramm erworben, dieses (als auch eine notwendige Implementierung) wurden aufwandswirksam verbucht. Weiterhin war eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer angegeben.
Fraglich ist hier die komplette Abschreibungsmöglichkeit im ersten Jahr der Nutzung, die ab dem Jahr 2022 gilt. Also: Aktivierung durchdiskutieren und danach aber komplett abschreiben (weil man sich steuerrechtlich möglichst arm rechnen sollte), d.h. insgesamt dann doch wieder auf das kommen, was ohnehin durch das betrachtete Unternehmen gemacht wurde … (10 Punkte)
Sachverhalt 4 (Leasing)
Es wurde ein Lkw geleast mit einer Kaufoption am Ende. Anschaffungskosten und Nutzungsdauer waren gegeben sowie die Grundmietzeit, außerdem die Leasingrate zzgl. USt. Außerdem gab es eine einmalige Sonderzahlung am Anfang der Leasingdauer. Der Kaufpreis nach Ablauf der Grundmietzeit war angegeben mit dem Restbuchwert nach linearer Abschreibung. Die Leasingrate sowie die Sonderzahlung waren bisher aufwandswirksam gebucht worden.
Es ist zunächst zu schauen, ob der Leasingnehmer oder aber der Leasinggeber den Leasinggegenstand zu aktivieren hat.
Im Fall der Aktivierung durch den Leasingnehmer (muss anhand des Leasingerlasses vom April 1971 geprüft werden) wäre dann die Leasingrate aufzuteilen in einen Zins- und Kostenanteil sowie einen Tilgungsanteil, es käme zu entsprechenden Korrekturbuchungen. In der Folgebewertung ist dann mit der Zinsstaffelmethode die Leasingrate weiterzuentwickeln. (6 Punkte)
Weitere Klausurbesprechungen der anderen Fächer in Lamberts Onlinekursen für Steuerfachwirte.