Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
1. Erbanfall
Der Erwerb durch Erbanfall ist eines der wichtigsten Prüfungsgebiete in der Erbschaftsteuer. Wenn eine natürliche Person stirbt, so geht ihr Vermögen auf den bzw. die Erben über (§ 1922 I BGB).
Wir unterscheiden die
gewillkürte Erfolge
Testament (§§ 1937, 2064 BGB)
Erbvertrag (§§ 1941, 2274 ff. BGB)
die gesetzliche Erbfolge
Zunächst kann in einem Testament die Erbfolge geregelt werden. Dieses muss entweder
eigenhändig geschrieben und eigenhändig unterzeichnet werden oder aber
notariell beurkundet werden.
Wenn keine gewillkürte Erbfolge greift, wenn also weder ein Testament noch ein Erbvertrag existiert, so tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Diese ist nach der Erbfolgeordnung geregelt (§§ 1924 - 1930 BGB). Wir unterscheiden hier
Erben erster Ordnung
Kinder,
Enkel und
Urenkel des Erblassers
Erben zweiter Ordnung
Eltern des Erblassers
Abkömmlinge der Eltern des Erblassers
Erben dritter Ordnung
Großeltern des Erblassers
Voreltern des Erblassers
deren Abkömmlinge
WICHTIG:
Erben erster Ordnung schließen Erben zweiter Ordnung aus (§ 1930 BGB), m.a.W.: wenn es Erben erster Ordnung gibt, so gehen die (potentiellen) Erben zweiter Ordnung leer aus und erben nichts.
Beispiel 1:
Frau Marion Erbe ist Mutter zweier Kinder, nämlich Klara und Markus. Sie stirbt am 18.5., ihr Nachlass besteht aus einem Girokontostand von 3 Mio. €. Marion Erbe hat kein Testament hinterlassen, es existiert auch kein Erbvertrag. Ihre Mutter, Petra Erbe, lebt noch. Klara ist mit Daniel verheiratet. Marion Erbe hatte noch einen Adoptivsohn, den Frank und eine Stieftochter, die Martina.
a) Wer von den genannten Personen erbt wieviel?
b) Was muss von den Erben veranlasst werden, wer muss eine Erbschaftsteuererklärung abgeben und wie wird der Stand des Girokontos auf die Erben aufgeteilt?
Zu a) Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein, da die gewillkürte nicht greift, denn es wurde kein Testament hinterlassen und auch kein Erbvertrag geschlossen. Wir können die genannten Personen wie folgt einteilen.
Erben erster Ordnung
Sohn Markus
Tochter Klara sowie
Adoptivsohn Frank
Erben zweiter Ordnung
die Mutter,
also Petra Erbe
Erben dritter Ordnung
existieren
hier nicht.
Außerdem sind zwei Personen, die Stieftochter Martina und Daniel, der Ehemann der Klara, keine Erben irgendeiner Ordnung.
Da Erben erster Ordnung existieren, verdrängen diese die (potentiellen) Erben zweiter Ordnung. Die Mutter Petra Erbe (2. Ordnung) geht also leer aus, weil es Erben erster Ordnung gibt. Diese - also die Erben erster Ordnung - teilen wegen der hier vorgesehenen gesetzlichen Erbfolge das Erbe untereinander auf. Es erben m.a.W. die Erben erster Ordnung die 3 Mio. € zu gleichen Teilen (§ 1924 IV BGB). Markus, Klara und der Adoptivsohn Frank erben also jeweils 1 Mio. €.
Zu b) Zum erbschaftsteuerlichen Verfahrensrecht: der Erwerber muss den steuerbaren Erwerb innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt anzeigen (§ 30 I ErbStG) - es sei denn, es steht klar fest, dass keine Steuerpflicht entstanden ist.
Beispiel 2:
Sohn Max erbt von seinem Vater Markus einen Betrag von 80.000 €.
Dieser Betrag liegt deutlich unter dem persönlichen Freibetrag von 400.000 €, den Max als Erbe erster Ordnung genießt (§ 16 I Nr. 2 ErbStG). Max zahlt deshalb keine Erbschaftsteuer auf den Nachlass.
Beispiel 3:
Tochter Sophie erbt von ihrem Vater Markus einen Betrag von 580.000 €. Sohn Max verzichtet auf das Geltendmachen irgendwelcher Pflichtteilsansprüche.
In diesem Fall ist der persönliche Freibetrag von 400.000 € sehr hilfreich für Sophie. Sie wird aber trotzdem mit einer Erbschaftsteuerpflicht rechnen müssen. Sophie wird die Erbschaft anzeigen, das Finanzamt wird sie auffordern, eine Erbschaftsteuererklärung abzugeben mit insb. einem Verzeichnis der zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgüter (§ 31 I , IV ErbStG).
2. Vermächtnis
Wenn jemand durch eine Verfügung von Todes wegen einen Vermögensvorteil zugewendet erhält, ohne dass er aber als Erbe eingesetzt wird, so sprechen wir von einem sog. Vermächtnis (§§ 1939, 1941 BGB). Der Vermächtnisnehmer hat dann lediglich einen schuldrechtlichen Anspruchgegen den oder die Erben (!), und zwar auf jene Vermögensgegenstände, die der Erblasser ihm (dem Vermächtnisnehmer) zugedacht hatte. Im Gegensatz dazu tritt der Erbe in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein.
Beispiel 4:
Daniel L aus Berlin stirbt. Er hatte in seinem Testament verfügt, dass sein langjähriger Freund Andrij 200.000 € erhalten soll. Der Rest seines großen Vermögens von insg. 600.000 € soll der gesetzlichen Erbfolge unterliegen. Daniel hat zwei erwachsene Brüder.
In diesem Fall geht das gesamte Erbe, also der Betrag von 600.000 €, auf die Erben, hier die beiden erwachsenen Brüder von Daniel, über. Das Vermächtnis ist danach zu berücksichtigen, die 200.000 € gehen also von den Brüdern auf den Vermächtnisnehmer Andrij über, welcher einen Erfüllungsanspruch gegen die beiden Brüder hat. Die Erben, also die beiden Brüder, werden also lediglich um 600.000 - 200.000 = 400.000 € bereichert. Der Abzug von 200.000 € ist bei diesen eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit.
Es gibt unterschiedliche Arten eines Vermächtnisses:
Geldvermächtnis,
Sachvermächtnis,
Rentenvermächtnis,
Nießbrauchsvermächtnis und
Vorausvermächtnis
Beim Geldvermächtnis erwirbt der Vermächtnisnehmer, ohne selbst Erbe zu sein, einen Erfüllungsanspruch gegen den oder die Erben auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme. Beim Sachvermächtnis dagegen erwirbt er den Anspruch auf einen konkreten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass. Beim Rentenvermächtnis darf er bestimmte Rentenzahlungen beziehen bzw. hat einen Anspruch auf Zahlung derselben durch die Erben. Nießbrauchsvermächtnis dagegen bedeutet, dass er der Vermächtnisnehmer, ein Nießbrauchsrecht an einem bestimmten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass hat.
Beispiel 5:
Fritz S. vererbt ein Haus an seinen Sohn Karl und bestimmt, dass sein alter Freund Patrick in diesem Haus lebenslanges Wohnrecht genießt.
Patrick ist nicht Erbe geworden und hat aber mit seinem lebenslangen Wohnrecht in dem Haus ein Nießbrauchsrecht an diesem Haus erworben.
Die letzte Art des Vermächtnisses ist das Vorausvermächtnis. Hier hat der Vermächtnisnehmer neben seinem Erbteil noch einen Anspüruch auf einen konkreten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass des Erblassers.
3. Geltend gemachter Pflichtteilsanspruch
Der Erblasser kann, wenn man es ökonomisch sieht, nicht nach komplettem Belieben über seinen Nachlass verfügen, denn seine Testierfähigkeit ist durch das sog. Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Denn, ganz konkret, können die Abkömmlinge des Erblassers als auch sein überlebender Ehepartner als auch seine Eltern (also Erben erster und zweiter Ordnung),
wenn sie nach gesetzlicher Erbfolge erbberechtigt wären und weiterhin,
wenn sie durch das Testament oder den Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder aber zu gering bedacht sind
einen sog. Pflichtteilsanspruch geltend machen. Dieser erstreckt sich auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§§ 2303 ff. BGB). Wenn dieser Pflichtteilanspruch geltend gemacht wird (und erst dann!) entsteht Erbschaftsteuer, § 3 I Nr. 1 ErbStG.
Beispiel 6:
Daniel aus Berlin verstirbt nach einer exzessiven Party. Er hinterlässt seine beiden Kinder Florian und Dominique. In seinem Testament wird sein langjähriger Weggefährte Markus H. aus Kaarst als Alleinerbe seines großen Vermögens von 2 Mio. € bedacht, seine Söhne hatte er schon zu Lebzeiten enterbt. Florian und Dominique sind empört darüber, auf diese Weise behandelt zu werden und machen ihre Pflichtteilsansprüche geltend nach § 2303 I BGB. Wie hoch ist ihr Pflichtteilsanspruch konkret?
Die Söhne, Florian, Dominique, sind Erben erster Ordnung, ihnen steht ein Pflichtteilsanspruch zu. Diese müssten im Fall der Geltendmachung von Markus H., also dem Erben, erfüllt werden. Bei Florian und Dominique entsteht Erbschaftsteuer, sie können einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils geltend machen und tun dies auch. Würden sie im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erben, so erhielten sie beide zusammen die 2 Mio. €, jeder einzelne also 1 Mio. €. In Höhe der Hälfte hiervon, also in Höhe von
Pflichtteilsanspruch = 0,5*(im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge zustehendes Erbe) = 0,5*1 Mio. = 500.000 €,
steht ihnen ein Pflichtteil gegen den tatsächlichen Erben Markus H. also zu. Markus H. muss daher zweimal 500.000 € an Florian und Dominique auszahlen (was bei ihm eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit darstellt), ihm verbleiben als Bereicherung aus der Erbschaft nur noch 2 Mio. - 2*0,5 Mio. = 2 Mio. - 1 Mio. = 1 Mio. €.
Beispiel 7:
Daniel verstirbt nach einer exzessiven Party. Er hinterlässt seine langjährige Ehefrau Martina. In seinem Testament wird sein langjähriger Weggefährte Jürgen T. aus Viersen als Alleinerbe seines großen Vermögens von 2 Mio. € bedacht. Martina ist der Ansicht, dass Daniel das Recht hatte, seinen letzten Willen frei durchzusetzen und verzichtet daher auf den ihr zustehenden Pflichtteil.
Bei Martina entsteht keine Erbschaftsteuer, da nur der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch Erbschaftsteuer auslöst (§ 3 I Nr. 1 ErbStG).
4. Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
Beispiel 8:
Der sehr reiche Medienunternehmer Patrick hat einen Rentenvertrag zugunsten seiner langjährigen Kommilitonin Mareike abgeschlossen. Nach dessen Ableben ist Carmen, die Ehefrau des Patrick, der Meinung, dass sie als Alleinerbin das Anrecht auf den Rentenvertrag hätte. Zu Recht?
Beispiele für Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 330, 331 BGB) sind
Lebensversicherungsverträge,
Sparverträge und eben
Rentenverträge.
Diese sind kein Teil des Nachlasses des Erblassers. Der Begünstigte, also im vorliegenden Beispiel die Mareike, erwirbt die Leistung in eigener Person unmittelbar. Der Anspruch des Begünstigten, der also einen unmittelbaren Anspruch erwirbt, steht "eigentlich" außerhalb des Erbrechts. Trotzdem wird der Tatbestand erfasst unter den Erwerben von Todes wegen (§ 3 I Nr. 4 ErbStG).
Beispiel 9:
Der sehr reiche Medienunternehmer Patrick hatte zu Lebzeiten einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, der keinen Bezugsberechtigten nennt. Nach dessen Ableben ist Carmen, die Ehefrau des Patrick, der Meinung, dass sie als Alleinerbin das Anrecht auf den Nutzen aus der Lebensversicherung hätte. Zu Recht?
Wenn kein Bezugsberechtigter genannt wird, so ist der Vertrag Teil des Nachlasses (§ 1 I Nr. 1, § 3 I Nr. 1 ErbStG).
Wir sprechen über
1. Erbanfall
Der Erwerb durch Erbanfall ist eines der wichtigsten Prüfungsgebiete in der Erbschaftsteuer. Wenn eine natürliche Person stirbt, so geht ihr Vermögen auf den bzw. die Erben über (§ 1922 I BGB).
Wir unterscheiden die
Zunächst kann in einem Testament die Erbfolge geregelt werden. Dieses muss entweder
Wenn keine gewillkürte Erbfolge greift, wenn also weder ein Testament noch ein Erbvertrag existiert, so tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Diese ist nach der Erbfolgeordnung geregelt (§§ 1924 - 1930 BGB). Wir unterscheiden hier
WICHTIG:
Erben erster Ordnung schließen Erben zweiter Ordnung aus (§ 1930 BGB), m.a.W.: wenn es Erben erster Ordnung gibt, so gehen die (potentiellen) Erben zweiter Ordnung leer aus und erben nichts.
Beispiel 1:
Frau Marion Erbe ist Mutter zweier Kinder, nämlich Klara und Markus. Sie stirbt am 18.5., ihr Nachlass besteht aus einem Girokontostand von 3 Mio. €. Marion Erbe hat kein Testament hinterlassen, es existiert auch kein Erbvertrag. Ihre Mutter, Petra Erbe, lebt noch. Klara ist mit Daniel verheiratet. Marion Erbe hatte noch einen Adoptivsohn, den Frank und eine Stieftochter, die Martina.
a) Wer von den genannten Personen erbt wieviel?
b) Was muss von den Erben veranlasst werden, wer muss eine Erbschaftsteuererklärung abgeben und wie wird der Stand des Girokontos auf die Erben aufgeteilt?
Zu a) Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein, da die gewillkürte nicht greift, denn es wurde kein Testament hinterlassen und auch kein Erbvertrag geschlossen. Wir können die genannten Personen wie folgt einteilen.
Außerdem sind zwei Personen, die Stieftochter Martina und Daniel, der Ehemann der Klara, keine Erben irgendeiner Ordnung.
Da Erben erster Ordnung existieren, verdrängen diese die (potentiellen) Erben zweiter Ordnung. Die Mutter Petra Erbe (2. Ordnung) geht also leer aus, weil es Erben erster Ordnung gibt. Diese - also die Erben erster Ordnung - teilen wegen der hier vorgesehenen gesetzlichen Erbfolge das Erbe untereinander auf. Es erben m.a.W. die Erben erster Ordnung die 3 Mio. € zu gleichen Teilen (§ 1924 IV BGB). Markus, Klara und der Adoptivsohn Frank erben also jeweils 1 Mio. €.
Zu b) Zum erbschaftsteuerlichen Verfahrensrecht: der Erwerber muss den steuerbaren Erwerb innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt anzeigen (§ 30 I ErbStG) - es sei denn, es steht klar fest, dass keine Steuerpflicht entstanden ist.
Beispiel 2:
Sohn Max erbt von seinem Vater Markus einen Betrag von 80.000 €.
Dieser Betrag liegt deutlich unter dem persönlichen Freibetrag von 400.000 €, den Max als Erbe erster Ordnung genießt (§ 16 I Nr. 2 ErbStG). Max zahlt deshalb keine Erbschaftsteuer auf den Nachlass.
Beispiel 3:
Tochter Sophie erbt von ihrem Vater Markus einen Betrag von 580.000 €. Sohn Max verzichtet auf das Geltendmachen irgendwelcher Pflichtteilsansprüche.
In diesem Fall ist der persönliche Freibetrag von 400.000 € sehr hilfreich für Sophie. Sie wird aber trotzdem mit einer Erbschaftsteuerpflicht rechnen müssen. Sophie wird die Erbschaft anzeigen, das Finanzamt wird sie auffordern, eine Erbschaftsteuererklärung abzugeben mit insb. einem Verzeichnis der zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgüter (§ 31 I , IV ErbStG).
2. Vermächtnis
Wenn jemand durch eine Verfügung von Todes wegen einen Vermögensvorteil zugewendet erhält, ohne dass er aber als Erbe eingesetzt wird, so sprechen wir von einem sog. Vermächtnis (§§ 1939, 1941 BGB). Der Vermächtnisnehmer hat dann lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben (!), und zwar auf jene Vermögensgegenstände, die der Erblasser ihm (dem Vermächtnisnehmer) zugedacht hatte. Im Gegensatz dazu tritt der Erbe in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein.
Beispiel 4:
Daniel L aus Berlin stirbt. Er hatte in seinem Testament verfügt, dass sein langjähriger Freund Andrij 200.000 € erhalten soll. Der Rest seines großen Vermögens von insg. 600.000 € soll der gesetzlichen Erbfolge unterliegen. Daniel hat zwei erwachsene Brüder.
In diesem Fall geht das gesamte Erbe, also der Betrag von 600.000 €, auf die Erben, hier die beiden erwachsenen Brüder von Daniel, über. Das Vermächtnis ist danach zu berücksichtigen, die 200.000 € gehen also von den Brüdern auf den Vermächtnisnehmer Andrij über, welcher einen Erfüllungsanspruch gegen die beiden Brüder hat. Die Erben, also die beiden Brüder, werden also lediglich um 600.000 - 200.000 = 400.000 € bereichert. Der Abzug von 200.000 € ist bei diesen eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit.
Es gibt unterschiedliche Arten eines Vermächtnisses:
Beim Geldvermächtnis erwirbt der Vermächtnisnehmer, ohne selbst Erbe zu sein, einen Erfüllungsanspruch gegen den oder die Erben auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme. Beim Sachvermächtnis dagegen erwirbt er den Anspruch auf einen konkreten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass. Beim Rentenvermächtnis darf er bestimmte Rentenzahlungen beziehen bzw. hat einen Anspruch auf Zahlung derselben durch die Erben. Nießbrauchsvermächtnis dagegen bedeutet, dass er der Vermächtnisnehmer, ein Nießbrauchsrecht an einem bestimmten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass hat.
Beispiel 5:
Fritz S. vererbt ein Haus an seinen Sohn Karl und bestimmt, dass sein alter Freund Patrick in diesem Haus lebenslanges Wohnrecht genießt.
Patrick ist nicht Erbe geworden und hat aber mit seinem lebenslangen Wohnrecht in dem Haus ein Nießbrauchsrecht an diesem Haus erworben.
Die letzte Art des Vermächtnisses ist das Vorausvermächtnis. Hier hat der Vermächtnisnehmer neben seinem Erbteil noch einen Anspüruch auf einen konkreten Vermögensgegenstand aus dem Nachlass des Erblassers.
3. Geltend gemachter Pflichtteilsanspruch
Der Erblasser kann, wenn man es ökonomisch sieht, nicht nach komplettem Belieben über seinen Nachlass verfügen, denn seine Testierfähigkeit ist durch das sog. Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Denn, ganz konkret, können die Abkömmlinge des Erblassers als auch sein überlebender Ehepartner als auch seine Eltern (also Erben erster und zweiter Ordnung),
einen sog. Pflichtteilsanspruch geltend machen. Dieser erstreckt sich auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§§ 2303 ff. BGB). Wenn dieser Pflichtteilanspruch geltend gemacht wird (und erst dann!) entsteht Erbschaftsteuer, § 3 I Nr. 1 ErbStG.
Beispiel 6:
Daniel aus Berlin verstirbt nach einer exzessiven Party. Er hinterlässt seine beiden Kinder Florian und Dominique. In seinem Testament wird sein langjähriger Weggefährte Markus H. aus Kaarst als Alleinerbe seines großen Vermögens von 2 Mio. € bedacht, seine Söhne hatte er schon zu Lebzeiten enterbt. Florian und Dominique sind empört darüber, auf diese Weise behandelt zu werden und machen ihre Pflichtteilsansprüche geltend nach § 2303 I BGB. Wie hoch ist ihr Pflichtteilsanspruch konkret?
Die Söhne, Florian, Dominique, sind Erben erster Ordnung, ihnen steht ein Pflichtteilsanspruch zu. Diese müssten im Fall der Geltendmachung von Markus H., also dem Erben, erfüllt werden. Bei Florian und Dominique entsteht Erbschaftsteuer, sie können einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils geltend machen und tun dies auch. Würden sie im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erben, so erhielten sie beide zusammen die 2 Mio. €, jeder einzelne also 1 Mio. €. In Höhe der Hälfte hiervon, also in Höhe von
Pflichtteilsanspruch = 0,5*(im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge zustehendes Erbe) = 0,5*1 Mio. = 500.000 €,
steht ihnen ein Pflichtteil gegen den tatsächlichen Erben Markus H. also zu. Markus H. muss daher zweimal 500.000 € an Florian und Dominique auszahlen (was bei ihm eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit darstellt), ihm verbleiben als Bereicherung aus der Erbschaft nur noch 2 Mio. - 2*0,5 Mio. = 2 Mio. - 1 Mio. = 1 Mio. €.
Beispiel 7:
Daniel verstirbt nach einer exzessiven Party. Er hinterlässt seine langjährige Ehefrau Martina. In seinem Testament wird sein langjähriger Weggefährte Jürgen T. aus Viersen als Alleinerbe seines großen Vermögens von 2 Mio. € bedacht. Martina ist der Ansicht, dass Daniel das Recht hatte, seinen letzten Willen frei durchzusetzen und verzichtet daher auf den ihr zustehenden Pflichtteil.
Bei Martina entsteht keine Erbschaftsteuer, da nur der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch Erbschaftsteuer auslöst (§ 3 I Nr. 1 ErbStG).
4. Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
Beispiel 8:
Der sehr reiche Medienunternehmer Patrick hat einen Rentenvertrag zugunsten seiner langjährigen Kommilitonin Mareike abgeschlossen. Nach dessen Ableben ist Carmen, die Ehefrau des Patrick, der Meinung, dass sie als Alleinerbin das Anrecht auf den Rentenvertrag hätte. Zu Recht?
Beispiele für Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 330, 331 BGB) sind
Diese sind kein Teil des Nachlasses des Erblassers. Der Begünstigte, also im vorliegenden Beispiel die Mareike, erwirbt die Leistung in eigener Person unmittelbar. Der Anspruch des Begünstigten, der also einen unmittelbaren Anspruch erwirbt, steht "eigentlich" außerhalb des Erbrechts. Trotzdem wird der Tatbestand erfasst unter den Erwerben von Todes wegen (§ 3 I Nr. 4 ErbStG).
Beispiel 9:
Der sehr reiche Medienunternehmer Patrick hatte zu Lebzeiten einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, der keinen Bezugsberechtigten nennt. Nach dessen Ableben ist Carmen, die Ehefrau des Patrick, der Meinung, dass sie als Alleinerbin das Anrecht auf den Nutzen aus der Lebensversicherung hätte. Zu Recht?
Wenn kein Bezugsberechtigter genannt wird, so ist der Vertrag Teil des Nachlasses (§ 1 I Nr. 1, § 3 I Nr. 1 ErbStG).