Zunächst geht es um vier Positiv- und drei Negativmerkmale, die erfüllt sein müssen, damit Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Danach reden wir speziell über die laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die einmaligen folgen dann später.
Merkmale des Gewerbebetriebs
Ein Gewerbebetrieb ist nach § 5 II EStG durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet:
positive Merkmale
Selbstständigkeit,
Nachhaltigkeit,
Gewinnerzielungsabsicht,
Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr,
negative Merkmale
keine Land- und Forstwirtschaft,
keine selbstständige Arbeit,
keine Vermögensverwaltung.
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Der Begriff der Selbstständigkeit ist gekennzeichnet durch
persönliche Selbstständigkeit als auch
sachliche Selbstständigkeit.
Unter persönlicher Selbstständigkeit versteht man, dass die Person nicht weisungsgebunden ist und dass sie auf eine eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Gefahr handelt (Unternehmerinitiative). Die persönliche Selbstständigkeit schafft eine Abgrenzung zu den Tätigkeiten aus § 19 EStG.
Unter der sachlichen Selbstständigkeit versteht man, dass ein Unternehmen eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Im Zweifel zwischen selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit entscheidet das Gesamtbild der Verhältnisse. Es sind hierbei jene Merkmale, die für eine Selbstständigkeit sprechen mit anderen Merkmalen, die gegen eine Selbstständigkeit sprechen, zu vergleichen, wobei die gewichtigeren Merkmale die Gesamtbeurteilung dann entscheiden (H 15.1 EStH Gesamtbeurteilung).
1.2 Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn eine Tätigkeit innerhalb eines fest vorgegebenen Zeitraums wiederholt ausgeübt werden soll. Sollte das fortgesetzte Handeln fehlen, so ist eine Tätigkeit nachhaltig, wenn zumindest die Absicht der Wiederholung gegeben ist.
Beispiel 93:
Ein Steuerpflichtiger, der lange Jahre als Arbeitnehmer beschäftigt war, kündigt seinen Job und eröffnet am 31.8.2012 ein Reisebüro. Aus persönlichen Gründen stellt er jedoch am 31.9.2012 diesen Geschäftsbetrieb wieder ein, nachdem er lediglich einem einzigen Kunden eine Reise nach Mallorca verkaufen konnte.
Zwar ist die Tätigkeit nicht wiederholt ausgeübt worden, trotzdem war zumindest die Absicht der Wiederholung gegeben, so dass mit dem Reisebüro sehr wohl eine nachhaltige Tätigkeit ausgeübt wurde. Nachhaltigkeit ist bereits dann gegeben, wenn eine Mehrheit verschiedener einmaliger Handlungen mit einem gewissen inneren Zusammenhang stattfindet (H 15.2 EStH Wiederholungsabsicht).
1.3 Gewinnerzielungsabsicht
Mit der Tätigkeit muss ein Reinvermögenszuwachs angestrebt werden, es kommt hierbei bereits auf die Absicht der Gewinnerzielung an, nicht hingegen auf die tatsächliche Erzielung von Gewinnen. Hierbei wird ein Prognosezeitraum von 30 Jahren durch die Rechtsprechung unterstellt. Wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist, so steht dies der Annahme eines Gewerbebetriebes nicht entgegen (§ 15 II 3 EStG). Sollte lediglich nach steuerlichen Vorteilen gestrebt werden, so reicht dies hingegen nicht für die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht aus (§ 15 II 2 EStG). Es kann im Einzelfall sehr schwierig sein, gerade bei vorhandenen Anlaufverlusten eine Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen oder zu verneinen.
1.4 Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
Diese ist gegeben bei nach außen hin in Erscheinung tretender Betätigung.
MERKE:
Wichtig ist, dass die Leistungen gegen Entgelt der Allgemeinheit angeboten werden. Mit Allgemeinheit ist hier eine unbestimmte Anzahl von Personen gemeint. Auch wenn nur für einen bestimmten Vertragspartner etwas angeboten wird, kann eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen (R 15.4 EStR, Kundenkreis). Selbst wenn nur ein einziger Kunde vorhanden ist, geht man immer noch von einer Tätigkeit gegenüber der Allgemeinheit aus.
Beispiel 94:
Der Steuerpflichtige Jean-Claude L. fertigt in seiner Freizeit Holzpferdchen
a) für seine Enkelin Leonie,
b) für den benachbarten Einzelhändler Krösbach,
c) für den Weihnachtsmarkt seiner Heimatstadt Kaarst.
Lösung:
a) Bei der Produktion für seine Enkelin fehlt es an der nach außen gerichteten Tätigkeit. Damit ist keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegeben. Es liegt also keine gewerbliche Tätigkeit vor.
b) Auch wenn nur für einen einzigen Abnehmer etwas produziert wird, so reicht dies sehr wohl für die Annahme einer Beteiligung am allgemeinen Güter- und Leistungsverkehr aus, mithin kann von einer gewerblichen Tätigkeit gesprochen werden.
c) Es werden Leistungen gegenüber der Allgemeinheit erbracht, mithin ist die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unstrittig.
Die Merkmale Selbstständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht sowie Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind kennzeichnend für alle Gewinneinkunftsarten. Deshalb ist es wichtig, zunächst die land- und forstwirtschaftliche Arbeit, die selbstständige Arbeit sowie die reine Vermögensverwaltung auszuschließen (letzteres Merkmal ist nicht im Gesetz kodifiziert, sondern von der Rechtsprechung aus § 14 AO abgeleitet).
LAMBERT-REGEL:
Erst wenn also die positiven Merkmale sämtlich erfüllt sind und es sich nicht um eine land- und forstwirtschaftliche oder selbstständige Arbeit oder um eine reine Vermögensverwaltung handelt, liegt ein Gewerbebetrieb vor.
Wenn die Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erkannt wurden, so hat dies große Konsequenzen: zum einen bezüglich der Frage der Gewinnermittlungen, zum anderen unterliegen (zumindest die laufenden) Einkünfte aus Gewerbebetrieb zusätzlich der Gewerbesteuer. Außerdem ist bei Einkünften nach § 15 EStG die Frage nach Steuerermäßigungen nach § 35 EStG zu beachten.
2 Arten gewerblicher Einkünfte
Es gibt unterschiedliche Arten gewerblicher Einkünfte, nämlich aus
laufende Einkünfte und
einmalige Einkünfte.
2.1 Laufende Einkünfte
In § 15 I EStG findet sich eine abschließende Auflistung der einzelnen Arten laufender gewerblicher Einkünfte:
Gewerbliche (Einzel-) Unternehmen,
Mitunternehmerschaften,
Gewinnanteile persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA.
2.1.1 Gewerbliche (Einzel-) Unternehmen
Alle Leistungen des Steuerpflichtiges aus seinem gewerblichen Unternehmen zählen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, unabhängig von der Benennung der Leistungen z.B. als Bezüge, Mieten, Gehälter oder Zinsen.
2.1.2 Mitunternehmerschaften
Es handelt sich bei Mitunternehmerschaften vor allem um Personengesellschaften (GbR, OHG, KG und atypisch (!) stille Gesellschaft). Die Personengesellschaft als solche ist nicht einkommensteuerpflichtig. Vielmehr werden die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter zur Einkommensteuer herangezogen. Damit man die gewerblichen Tätigkeiten dem § 15 I 1 Nr. 2 EStG zuordnen kann, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
zivilrechtliches Gesellschaftsverhältnis,
gewerbliche Tätigkeit des Personenzusammenschlusses und
Mitunternehmerschaft der beteiligten Personen.
Als Mitunternehmer gilt ein Gesellschafter einer Persongesellschaft nur dann, wenn er
Mitunternehmerinitiative entfaltet und
Mitunternehmerrisiko trägt (H 15.8 I [Allgemeines] EStH).
In § 15 I Nr. 2 EStG sind als Mitunternehmerschaften explizit genannt die OHG und die KG. Darüber hinaus existieren aber noch
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wenn diese gewerblich tätig ist,
die ungeteilte Erbengemeinschaft,
die atypisch (!) stille Gesellschaft.
Die ungeteilte Erbengemeinschaft zählt allerdings nur dann als Mitunternehmerschaft, wenn der ererbte Gewerbebetrieb fortgeführt wird und sofern die Erbauseinandersetzung unterbleibt oder für längere Zeit ausgeschlossen ist.
Atypisch stille Gesellschaft heißt, dass der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der stille Gesellschafter nicht lediglich am Gewinn und Verlust, sondern zusätzlich an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt ist. Er ist damit schuldrechtlich so gestellt wie ein Kommanditist bei einer KG. Die Einkünfte des atypisch stillen Gesellschafters sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.
LAMBERT-REGEL:
Der typisch stille Gesellschafter hingegen hat Einkünfte aus Kapitalvermögen, nicht aus Gewerbebetrieb.
Mitunternehmerinitiative bedeutet, dass der Gesellschafter an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt wird. Hierbei reicht es bereits, dass die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten gegeben ist, die einem Kommanditisten nach HGB eingeräumt würden (H 15.8 I [Mitunternehmerinitiative] EStH). Der Begriff Mitunternehmerrisiko hingegen bedeutet, dass man am Gewinn oder Verlust der Unternehmung beteiligt ist, darüber hinaus an den stillen Reserven, inkl. eines eventuellen Geschäftswerts. Es geht also hierbei um die vermögensrechtliche Stellung. Wichtig ist, dass für die Eigenschaft eines Mitunternehmers die Begriffe Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko beide erfüllt sein müssen.
MERKE:
Wichtig ist allerdings auch, dass die eine Eigenschaft sehr viel stärker als die andere Eigenschaft ausgeprägt sein kann, es ist dann hierbei auf die Umstände des Einzelfalls einzugehen, um zu entscheiden, ob beide im hinreichenden Maße für die Annahme einer Mitunternehmerschaft vorliegen. Die Eigenschaft des Mitunternehmers ist deswegen wichtig, weil nach § 15 I 1 Nr. 2 EStG Zahlungenan Mitunternehmer, die zivilrechtlich begründet sind, in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden. Es gilt demnach folgendes Kalkül:
Steuerliche Gewinnermittlung
(Handels-/Steuer-) Bilanzergebnis
+/- Sondervergütung einzelner Mitunternehmer für Miete etc.
= steuerliches Ergebnis der Unternehmerschaft
Steuerliche Gewinnermittlung
Entscheidend ist also, dass wenn Mitunternehmer Leistungen für das Unternehmen erbringen, dass dann sog. Sondervergütungen vorliegen. Diese könnten existieren in Form von Mietverträgen, Darlehensverträgen oder aber auch Arbeitsverträgen, die zivilrechtlich möglich sind. Die hierdurch begründeten Zahlungen der Unternehmung an die Personen sind handelsrechtlich gesehen Aufwand, einkommensteuerlich gesehen jedoch Beiträge des Gesellschafters (des Mitunternehmers), die dieser zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks leistet. Diese sog. Sondervergütungen werden dem betroffenen Mitunternehmer sodann als Vorabgewinn unmittelbar zugerechnet. Man erhält damit folgendes Schema, welches von der steuerlichen Gewinnverteilung umrechnet hin zum steuerlichen Ergebnisanteil:
Steuerliche Gewinnverteilung
Gesellschafter
A
B
...
Summe
Anteil am (Handels-/Steuer-)Bilanzergebnis
+ Sondervergütung
= steuerlicher Ergebnisanteil
Steuerlicher Ergebnisanteil
Beispiel 95:
An der A&B KG ist A mit 70 % und B mit 30 % am Kapital beteiligt. Der handelsrechtliche Gewinn betrug im Jahr 2012 insgesamt 100.000 €. Der Gesellschafter A hatte für seine Tätigkeit als Geschäftsführer eine Vergütung von 50.000 € erhalten, dieser Betrag wurde in der Gewinn- und Verlustrechnung der A&B KG als Aufwand verbucht.
A und B sind Mitunternehmer der A&B KG, weil beide Mitunternehmerinitiative entfalten (denn sie sind an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt), wobei speziell bei B die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten gegeben ist, die ihm als Kommanditisten nach HGB eingeräumt werden. Ebenso tragen sowohl A als auch B Mitunternehmerrisiko, denn beide sind am Gewinn oder Verlust des Unternehmens sowie an den stillen Reserven beteiligt. Der steuerliche Gewinn der Mitunternehmerschaft ergibt sich damit als:
handelsbilanzieller Gewinn der A&B KG 100.000 €
Sondervergütung für den Gesellschafter A 50.000 €
= steuerlicher Gewinn der Mitunternehmerschaft 150.000 €
Steuerliche Gewinnverteilung
A
B
Summe
Anteil am Gewinn der KG + Sondervergütung
70.000
50.000
30.000
0
100.000
50.000
= steuerlicher Ergebnisanteil
120.000
30.000
150.000
Tab Steuerlicher Ergebnisanteil
1.2.1 Gewinnanteile persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA
Eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist eine Kapitalgesellschaft, denn ihr Kommanditkapital ist in Aktien verbrieft. Sie unterliegt als Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer. Nach dem § 15 I 1 EStG zählen jedoch bestimmte Vergütungen des persönlich haftenden Gesellschafters zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, und zwar (§ 15 I 1 Nr. 3 EStG)
Vergütungen für die Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft,
für die Gewährung von Darlehen sowie für
die Überlassung von Wirtschaftsgütern.
Man beachte jedoch, dass die Dividendenzahlungen an den Komplementär nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst werden im Sinne des § 15 I 1 EStG.
Zunächst geht es um vier Positiv- und drei Negativmerkmale, die erfüllt sein müssen, damit Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Danach reden wir speziell über die laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die einmaligen folgen dann später.
Merkmale des Gewerbebetriebs
Ein Gewerbebetrieb ist nach § 5 II EStG durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet:
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1.1 Selbstständigkeit
Der Begriff der Selbstständigkeit ist gekennzeichnet durch
Unter persönlicher Selbstständigkeit versteht man, dass die Person nicht weisungsgebunden ist und dass sie auf eine eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Gefahr handelt (Unternehmerinitiative). Die persönliche Selbstständigkeit schafft eine Abgrenzung zu den Tätigkeiten aus § 19 EStG.
Unter der sachlichen Selbstständigkeit versteht man, dass ein Unternehmen eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Im Zweifel zwischen selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit entscheidet das Gesamtbild der Verhältnisse. Es sind hierbei jene Merkmale, die für eine Selbstständigkeit sprechen mit anderen Merkmalen, die gegen eine Selbstständigkeit sprechen, zu vergleichen, wobei die gewichtigeren Merkmale die Gesamtbeurteilung dann entscheiden (H 15.1 EStH Gesamtbeurteilung).
1.2 Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn eine Tätigkeit innerhalb eines fest vorgegebenen Zeitraums wiederholt ausgeübt werden soll. Sollte das fortgesetzte Handeln fehlen, so ist eine Tätigkeit nachhaltig, wenn zumindest die Absicht der Wiederholung gegeben ist.
Beispiel 93:
Ein Steuerpflichtiger, der lange Jahre als Arbeitnehmer beschäftigt war, kündigt seinen Job und eröffnet am 31.8.2012 ein Reisebüro. Aus persönlichen Gründen stellt er jedoch am 31.9.2012 diesen Geschäftsbetrieb wieder ein, nachdem er lediglich einem einzigen Kunden eine Reise nach Mallorca verkaufen konnte.
Zwar ist die Tätigkeit nicht wiederholt ausgeübt worden, trotzdem war zumindest die Absicht der Wiederholung gegeben, so dass mit dem Reisebüro sehr wohl eine nachhaltige Tätigkeit ausgeübt wurde. Nachhaltigkeit ist bereits dann gegeben, wenn eine Mehrheit verschiedener einmaliger Handlungen mit einem gewissen inneren Zusammenhang stattfindet (H 15.2 EStH Wiederholungsabsicht).
1.3 Gewinnerzielungsabsicht
Mit der Tätigkeit muss ein Reinvermögenszuwachs angestrebt werden, es kommt hierbei bereits auf die Absicht der Gewinnerzielung an, nicht hingegen auf die tatsächliche Erzielung von Gewinnen. Hierbei wird ein Prognosezeitraum von 30 Jahren durch die Rechtsprechung unterstellt. Wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist, so steht dies der Annahme eines Gewerbebetriebes nicht entgegen (§ 15 II 3 EStG). Sollte lediglich nach steuerlichen Vorteilen gestrebt werden, so reicht dies hingegen nicht für die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht aus (§ 15 II 2 EStG). Es kann im Einzelfall sehr schwierig sein, gerade bei vorhandenen Anlaufverlusten eine Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen oder zu verneinen.
1.4 Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
Diese ist gegeben bei nach außen hin in Erscheinung tretender Betätigung.
MERKE:
Wichtig ist, dass die Leistungen gegen Entgelt der Allgemeinheit angeboten werden. Mit Allgemeinheit ist hier eine unbestimmte Anzahl von Personen gemeint. Auch wenn nur für einen bestimmten Vertragspartner etwas angeboten wird, kann eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen (R 15.4 EStR, Kundenkreis). Selbst wenn nur ein einziger Kunde vorhanden ist, geht man immer noch von einer Tätigkeit gegenüber der Allgemeinheit aus.
Beispiel 94:
Der Steuerpflichtige Jean-Claude L. fertigt in seiner Freizeit Holzpferdchen
a) für seine Enkelin Leonie,
b) für den benachbarten Einzelhändler Krösbach,
c) für den Weihnachtsmarkt seiner Heimatstadt Kaarst.
Lösung:
a) Bei der Produktion für seine Enkelin fehlt es an der nach außen gerichteten Tätigkeit. Damit ist keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegeben. Es liegt also keine gewerbliche Tätigkeit vor.
b) Auch wenn nur für einen einzigen Abnehmer etwas produziert wird, so reicht dies sehr wohl für die Annahme einer Beteiligung am allgemeinen Güter- und Leistungsverkehr aus, mithin kann von einer gewerblichen Tätigkeit gesprochen werden.
c) Es werden Leistungen gegenüber der Allgemeinheit erbracht, mithin ist die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unstrittig.
Die Merkmale Selbstständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht sowie Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind kennzeichnend für alle Gewinneinkunftsarten. Deshalb ist es wichtig, zunächst die land- und forstwirtschaftliche Arbeit, die selbstständige Arbeit sowie die reine Vermögensverwaltung auszuschließen (letzteres Merkmal ist nicht im Gesetz kodifiziert, sondern von der Rechtsprechung aus § 14 AO abgeleitet).
LAMBERT-REGEL:
Erst wenn also die positiven Merkmale sämtlich erfüllt sind und es sich nicht um eine land- und forstwirtschaftliche oder selbstständige Arbeit oder um eine reine Vermögensverwaltung handelt, liegt ein Gewerbebetrieb vor.
Wenn die Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erkannt wurden, so hat dies große Konsequenzen: zum einen bezüglich der Frage der Gewinnermittlungen, zum anderen unterliegen (zumindest die laufenden) Einkünfte aus Gewerbebetrieb zusätzlich der Gewerbesteuer. Außerdem ist bei Einkünften nach § 15 EStG die Frage nach Steuerermäßigungen nach § 35 EStG zu beachten.
2 Arten gewerblicher Einkünfte
Es gibt unterschiedliche Arten gewerblicher Einkünfte, nämlich aus
2.1 Laufende Einkünfte
In § 15 I EStG findet sich eine abschließende Auflistung der einzelnen Arten laufender gewerblicher Einkünfte:
2.1.1 Gewerbliche (Einzel-) Unternehmen
Alle Leistungen des Steuerpflichtiges aus seinem gewerblichen Unternehmen zählen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, unabhängig von der Benennung der Leistungen z.B. als Bezüge, Mieten, Gehälter oder Zinsen.
2.1.2 Mitunternehmerschaften
Es handelt sich bei Mitunternehmerschaften vor allem um Personengesellschaften (GbR, OHG, KG und atypisch (!) stille Gesellschaft). Die Personengesellschaft als solche ist nicht einkommensteuerpflichtig. Vielmehr werden die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter zur Einkommensteuer herangezogen. Damit man die gewerblichen Tätigkeiten dem § 15 I 1 Nr. 2 EStG zuordnen kann, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
Als Mitunternehmer gilt ein Gesellschafter einer Persongesellschaft nur dann, wenn er
In § 15 I Nr. 2 EStG sind als Mitunternehmerschaften explizit genannt die OHG und die KG. Darüber hinaus existieren aber noch
Die ungeteilte Erbengemeinschaft zählt allerdings nur dann als Mitunternehmerschaft, wenn der ererbte Gewerbebetrieb fortgeführt wird und sofern die Erbauseinandersetzung unterbleibt oder für längere Zeit ausgeschlossen ist.
Atypisch stille Gesellschaft heißt, dass der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der stille Gesellschafter nicht lediglich am Gewinn und Verlust, sondern zusätzlich an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt ist. Er ist damit schuldrechtlich so gestellt wie ein Kommanditist bei einer KG. Die Einkünfte des atypisch stillen Gesellschafters sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.
LAMBERT-REGEL:
Der typisch stille Gesellschafter hingegen hat Einkünfte aus Kapitalvermögen, nicht aus Gewerbebetrieb.
Mitunternehmerinitiative bedeutet, dass der Gesellschafter an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt wird. Hierbei reicht es bereits, dass die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten gegeben ist, die einem Kommanditisten nach HGB eingeräumt würden (H 15.8 I [Mitunternehmerinitiative] EStH). Der Begriff Mitunternehmerrisiko hingegen bedeutet, dass man am Gewinn oder Verlust der Unternehmung beteiligt ist, darüber hinaus an den stillen Reserven, inkl. eines eventuellen Geschäftswerts. Es geht also hierbei um die vermögensrechtliche Stellung. Wichtig ist, dass für die Eigenschaft eines Mitunternehmers die Begriffe Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko beide erfüllt sein müssen.
MERKE:
Wichtig ist allerdings auch, dass die eine Eigenschaft sehr viel stärker als die andere Eigenschaft ausgeprägt sein kann, es ist dann hierbei auf die Umstände des Einzelfalls einzugehen, um zu entscheiden, ob beide im hinreichenden Maße für die Annahme einer Mitunternehmerschaft vorliegen. Die Eigenschaft des Mitunternehmers ist deswegen wichtig, weil nach § 15 I 1 Nr. 2 EStG Zahlungen an Mitunternehmer, die zivilrechtlich begründet sind, in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden. Es gilt demnach folgendes Kalkül:
Steuerliche Gewinnermittlung
Entscheidend ist also, dass wenn Mitunternehmer Leistungen für das Unternehmen erbringen, dass dann sog. Sondervergütungen vorliegen. Diese könnten existieren in Form von Mietverträgen, Darlehensverträgen oder aber auch Arbeitsverträgen, die zivilrechtlich möglich sind. Die hierdurch begründeten Zahlungen der Unternehmung an die Personen sind handelsrechtlich gesehen Aufwand, einkommensteuerlich gesehen jedoch Beiträge des Gesellschafters (des Mitunternehmers), die dieser zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks leistet. Diese sog. Sondervergütungen werden dem betroffenen Mitunternehmer sodann als Vorabgewinn unmittelbar zugerechnet. Man erhält damit folgendes Schema, welches von der steuerlichen Gewinnverteilung umrechnet hin zum steuerlichen Ergebnisanteil:
+ Sondervergütung
Steuerlicher Ergebnisanteil
Beispiel 95:
An der A&B KG ist A mit 70 % und B mit 30 % am Kapital beteiligt. Der handelsrechtliche Gewinn betrug im Jahr 2012 insgesamt 100.000 €. Der Gesellschafter A hatte für seine Tätigkeit als Geschäftsführer eine Vergütung von 50.000 € erhalten, dieser Betrag wurde in der Gewinn- und Verlustrechnung der A&B KG als Aufwand verbucht.
A und B sind Mitunternehmer der A&B KG, weil beide Mitunternehmerinitiative entfalten (denn sie sind an den unternehmerischen Entscheidungen beteiligt), wobei speziell bei B die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten gegeben ist, die ihm als Kommanditisten nach HGB eingeräumt werden. Ebenso tragen sowohl A als auch B Mitunternehmerrisiko, denn beide sind am Gewinn oder Verlust des Unternehmens sowie an den stillen Reserven beteiligt. Der steuerliche Gewinn der Mitunternehmerschaft ergibt sich damit als:
handelsbilanzieller Gewinn der A&B KG 100.000 €
Sondervergütung für den Gesellschafter A 50.000 €
= steuerlicher Gewinn der Mitunternehmerschaft 150.000 €
50.000
0
50.000
Tab Steuerlicher Ergebnisanteil
1.2.1 Gewinnanteile persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA
Eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist eine Kapitalgesellschaft, denn ihr Kommanditkapital ist in Aktien verbrieft. Sie unterliegt als Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer. Nach dem § 15 I 1 EStG zählen jedoch bestimmte Vergütungen des persönlich haftenden Gesellschafters zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, und zwar (§ 15 I 1 Nr. 3 EStG)
Man beachte jedoch, dass die Dividendenzahlungen an den Komplementär nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst werden im Sinne des § 15 I 1 EStG.