Man liest immer wieder, wenn keine Steuerbilanz erstellt wird, dass "der handelsrechtliche Jahresüberschuss nach § 60 II EStDV um xxx € nach oben oder nach unten korrigiert wird".
Diese Formulierung ist in der Literatur und ´zig Musterlösungen üblich - und trotzdem falsch, wenn man es (absolut) genau nimmt und jedes Wort auf die Goldwaage legt.
Was man, wenn man etwas aus dem deutschen Steuerrecht verstehen möchte, tun sollte.
Beispiel:
Die X-AG aus Berlin hat in 02 einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss erwirtschaftet von 2.000 €. Hierin hatte sie eine Drohverlustrückstellung gebildet in Höhe von 300 €. Sie erstellt keine Steuerbilanz.
Lösung:
Die Drohverlustrückstellung muss handelsrechtlich gebildet werden (§ 249 I 1, 2. Altern. HGB), steuerrechtlich allerdings unterliegt sie einem Passivierungsverbot (§ 5 IVa S. 1 EStG). Dies bedeutet, dass eine Korrektur stattfinden muss. Wenn man beim handelsrechtlichen Jahresüberschuss von 2.000 € startet und in der Überleitungsrechnung eine Korrektur nach oben (!) vornimmt um 300 € - denn der handelsrechtlich gebildete Aufwand von 300 € durfte steuerlich nicht gebildet werden, so gelangt man zu einem steuerrechtlichen Jahresüberschuss von 2.000 + 300 = 2.300 €. Der handelsrechtliche Jahresüberschuss allerdings bleibt (!) bei 2.000 €, denn die Aufwandsbildung war und ist ja handelsrechtlich korrekt. Es ist also nicht richtig, dass
(Version 1) "der handelsrechtliche Jahresüberschuss nach § 60 II EStDV um 300 € nach oben korrigiert wird", denn er bleibt ja bei 2.000 €. Sondern richtig ist, dass,
(Version 2) "um zum steuerrechtlichen Jahresüberschuss zu gelangen, man den handelsrechtlichen von 2.000 € nimmt, um 300 € nach oben korrigiert und dann beim steuerrechtlichen Jahresüberschuss von 2.300 € ankommt".
Leider Gottes ist Version 2 vollkommen unhandlich, weshalb Du in Deiner Klausur trotzdem Version 1 bringen darfst und solltest. Aber für Dein Verständnis ist es m.E. besser, einmal Version 2 gelesen zu haben.